Eine Nacht in der Oper, oder „Drama, Baby!“

Gestern war ich seit einer halben Ewigkeit wieder einmal in einer Oper und habe da erst gemerkt, wie mir das doch gefehlt hat. Es gab „La Traviata“, aufgeführt von einem tschechischen Ensemble mit einer grandiosen Sopranistin, der man die Hauptrolle nicht nur stimmlich, sondern auch vom Aussehen her abgenommen hat. Wirklich: schön war das. Und welch ein Drama! Liebe, Sinnlichkeit, Leidenschaften, Geld, Glücksspiel im Hinterzimmer, Edelkurtisanen, Duelle, Eifersucht.
Ist das nicht der Stoff, aus dem heute noch immer Großes Kino gestrickt wird? Zum ersten Mal ist mir wirklich bewusst geworden, dass zu den Zeiten, als es noch kein Kino gab, eine Theater-oder Opernaufführung genau das für die Menschen war, was heute ein romantischer, spannender, dramatischer oder actionreicher Hollywoodstreifen ist. Schade, dass die Oper nicht mehr so ein gesellschaftliches Ereignis ist wie früher. Nicht, dass man nicht auch heute noch in der Pause mit Bekannten quatscht und Sekt schlürft. Aber was wurde früher alles in Opernlogen verhandelt, was wurde nicht alles in Opernlogen getrieben an verbrechen und Geldschiebereien? Die Oper inspiriert – sonst hätte es wohl nie den Roman „Das Phantom der Oper“ gegeben oder all die Nachfolger, die sich mit dem berühmten Maskengesicht befassen. Sehr zu empfehlen ist da übrigens der Roman Das Phantom von Susan Kay, das die Geschichte von Gaston Leroux‘ Phantom aus dessen Perspektive ganz neu erzählt.
Ich bin gespannt, wozu die Oper mich noch inspirieren wird.

Und so beginnt es…

Der Wahnsinn geht in die… mal überlegen… sechste Runde, zumindest für mich. Zum sechsten Mal werde ich in diesem Jahr am National Novel Writing Month, kurz NaNoWriMo, teilnehmen. Vom 1. bis zum 30. November heißt es dann wieder: Kampfschreiben, was das Zeug hält, und mindestens 50.000 Wörter eines zusammenhängenden Schreibprojekts aus dem Boden zu stampfen. Ein Roman in einem Monat.
Immer wieder kommt die Frage: Warum machst du das? Was soll das? Du hast das ganze Jahr über Zeit, deine Bücher zu schreiben, warum verfällst du im November in diesen Irrsinn und versuchst, in einem Monat ein Buch zu schreiben?
Die Antwort darauf musste ich für mich selbst auch erst einmal finden, denn bis 2007 gehörte ich auch zu denen, die den NaNoWriMo-Schreibern oder kurz „Naniten“ den berühmten Vogel gezeigt haben und staundend-sprachlos den Kopf schüttelten. „So ein Käse. Was soll der Quatsch?“
Bis ich dann das erste Mal mitgeschrieben habe, in Gemeinschaft mit dem Team des Autorenforums Tintenzirkel unter der Teamleitung der wunderbaren Maja Ilisch.
Seitdem lässt mich das NaNoWriMo-Fieber nicht mehr los. Die Atmosphäre im Team ist einfach großartig, das Mitfiebern mit den anderen, das gegenseitige Aufmuntern und Anspornen, die Schreib-Battles, die Hilfe bei Plotlöchern, Schreibblockaden und zickenden Romanhelden, das alles ist einfach ein perfektes Mittel gegen Herbstdepressionen und aufkommenden Winterblues. Allein die Vorbereitungszeit, die meist ab Ende September so richtig beginnt, ist der Kracher. Auf einmal schießen überall die Romanideen wie Pilze aus dem Boden, werden geteilt, besprochen, diskutiert, reifen wie Wein, werden immer besser. Man hibbelt dem ersten November bzw. dem magischen Mitternachtsläuten vom 31. Oktober auf den 1. November entgegen, und dann… dann geht es los, man öffnet das Dokument, schreibt den Titel, den ersten Satz. Daneben läuft der Tintenzirkelchat oder man spricht sich über Skype oder icq oder die NaNoWriMo-Webseite ab. Und man weiß, man ist nicht allein. Auf der ganzen Welt sitzen in dieser Nacht Autorinnen und Autoren jeden Alters und beginnen mit dem Mitternachtsläuten, einen neuen Roman zu schreiben.
Der Gedanke hat etwas Faszinierendes.
Ich freue mich drauf. Ihr auch?