Tina liest: „Neun Leben, achtzehn Krallen“ von Andrea Weil

Ein Katzenroman! Natürlich kann eine, die sich selbst auf die Fahne schreibt, hin und wieder auch mal „irgendwas mit Katzen“ zu schreiben, nicht an einem neuen Katzenroman vorbeigehen, schon gar nicht, wenn er so detailverliebt und katzennah geschrieben wurde. „Neun Leben, achtzehn Krallen“ ist ein Buch, das mir als bekennende crazy catlady sehr viel Spaß gemacht hat.

Der Klappentext: Tod liebt Katzen. Deshalb hat sie ihnen als einzigen Wesen neun Leben gegeben. Und die kann Mrri, der unzähmbare Straßenkater, auch brauchen. Er ist der Herrscher des Aikenwegs, bezirzt die halbe Nachbarschaft und ist vor der anderen Hälfte auf der Flucht, wenn er ihre Goldfischteiche leer angelt oder Bettlaken ruiniert. Weil ihn seine Familie einst aussetzte, hat er sich geschworen, nie wieder sein Herz an einen Menschen zu hängen. Ausgerechnet der grimmige Witwer Benno bringt diesen Entschluss ins Wanken. Doch dann taucht Tod wieder auf und verlangt ein weiteres Leben.

Allein beim Aikenweg schlug mein Katzenbuchliebhaberherz schon höher, ist dieser Straßenname doch eine liebevolle Hommage an ein ganz besonderes Katzenbuch, das ich ebenso wie Autorin Andrea Weil sehr liebe: „Solos Reise“ von Joy Smith Aiken. Ein weiteres persönliches Highlight: die Namen der tierischen Protagonisten. Natürlich nicht die Namen, die die im Buch vorkommenden Menschen ihnen geben, sondern die, unter denen sie sich selbst kennen und benennen: Mrri, Meo, Nau oder Roa, diese Namen klingen doch alle wie die Laute, die alle Katzenhalter so gut von ihren Tieren kennen.

Auch bei den Beschreibungen bleibt Andrea Weil ganz und gar in Katzenperspektive. Ihre Katzen lächeln nicht, sondern blinzeln, sie reiben zum Gruß ihre Nasen aneinander, und ein Schwanzschlenker sagt mehr als tausend Worte es je ausdrücken können. Gerade diese kleinen, aber wie ich finde für einen Tierroman so wichtigen Details haben mir sehr viel Spaß gemacht. Andrea Weil erzählt Mrris Geschichte, ohne die Katzen zu vermenschlichen. Katergesänge und fliegende Fellbüschel beim Revierkampf gehören dazu genauso wie die Beschreibung eines in der Sonne dösenden Mrri auf dem Garagendach.

Und dann die Namen für die Menschen! Einfach herrlich, denn Mrri bezeichnet die Menschen nicht mit ihren menschlichen Namen. Da gibt es Familie Wilddose, bei denen es immer besagtes Dosenfutter abzustauben gibt, oder Oma Milch – aus Gründen. Dann den Herrn Scharrecke, bei dem ich erst mal überlegen musste. Ja, klar, Scharr-Ecke. Klar, wozu Mrri dessen Blumenbeete missbraucht, oder?

Der einzige Mensch, der einen Namen hat und in Mrris Perspektive auch immer einen Namen hat, ist Benno. Benno, der einsame alte Mann, der sich über den Besuch eines Katers freut, nachdem Tod seine Frau mitgenommen hat.

Tod ist in dieser Geschichte ein Wesen mit vielen Gesichtern – mal erscheint sie als liebevolle, sanfte Frau, mal als knurriger großer Hund, aber immer ist sie freundlich und auch ein bisschen traurig über das, was sie tun muss. Doch als sie Mrri vor die alles entscheidende Wahl stellt, weiß der Kater ganz genau, was er will. Was das ist? Am besten lest ihr das selbst!

Miau!

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Tina liest: „Feuerschwingen“ von Sabrina Železný

Was wäre wenn? Das ist eien Frage, mit der sich Autor*innen immer wieder beschäftigen. Für Sabrina Železný  lautete die Frage: Was wäre, wenn die Kultur der Inka nicht untergegangen wäre? Was wäre, wenn es in einer fernen Zukunft einer anderen Erde noch immer Iberer und Inka geben würde, wenn der alte Konflikt zwischen den Völkern noch immer schwelen würde und sich immer noch alles um dieses eine verlockende Etwas drehen würde, von dem der Mensch einfach die Finger nicht lassen kann?

Klappentext: Gold! Für Inka und Iberer der wichtigste Rohstoff ihrer Weltraumflotten, seit sie die Erde verließen – und ein Zankapfel, der die alte Feindschaft ihrer Völker neu befeuert.

Umso verbissener suchen zwei ungleiche Männer nach dem sagenhaften Eldorado. Manco, Sonnenstaffelpilot der Inka, wittert ein Abenteuer, während Gonzalo, suspendierter Kommandant einer iberischen Sterngaleone, den eigenen Ruf retten will. Doch als Manco und Gonzalo auf der Erde stranden, müssen sie zähneknirschend zusammenarbeiten. Plötzlich steht mehr auf dem Spiel als Rätsel und Reichtum, aber kann das Zweckbündnis der beiden anders als mit Verrat enden?

Liebe Leser*innen, fragt mich bitte nicht, wie oft ich bei der Lektüre davor war, Gonzalo abwechselnd zu knuddeln und an die nächste Wand zu klatschen. Da denkt man, dieser Iberer bekommt endlich die Kurve und ist ja eigentlich doch ein ganz netter Kerl, und dann setzt er sich wieder sowas von in die Nesseln, dass man sich fragt, wie Sabrina Železný das noch wieder zu einem guten Ende bringen will.

„Feuerschwingen“ ist ein spannendes, kurzweiliges und dabei sehr tiefgründiges Lesevergnügen, das die Frage berührt, wie diese zwei vollkommen unterschiedliche Kulturen in einer Parallelzukunft nebeneinander existieren könnten und welche Motive Gonzalo und Manco antreiben, immer wieder zwischen tiefer Freundschaft und Verrat hin und her zu balancieren, bis sie schließlich doch die wohlverdiente Kurve kriegen. Wie sie das schaffen, sollte allerdings jede/r selbst lesen, denn es ist wie immer eine Freude, von Sabrina Železnýs Erzählstil, ihren poetischen Bildern und ihrer wunderbaren Sprache in ein Buch einfach hineingesaugt zu werden. „Feuerschwingen“ hat nur einen einzigen Nachteil: es ist viel zu schnell zuende.

Fazit: auf jeden Fall lesen!

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Tina liest: „Das Mondmal“ von Regina Mars

Das Mondmal von Regina Mars eröffnet die Reihe „Seelengefährten“ des Autor*innenkollektivs Die Uferlosen.

Klappentext:
Das Autorenkollektiv „Die Uferlosen“ präsentiert: „Seelengefährten“. In jedem Buch wird das Thema neu interpretiert, aber eins haben alle Bände gemeinsam: Sie gehen direkt ins Herz.
Zwei Herzen, ein Zeichen. Wer das Mondmal eines anderen trägt, ist mit ihm verbunden – für immer. Doch was, wenn dein Zeichen jemandem gehört, den du hasst?
Nach einer harten Kindheit im Waisenhaus geht es für Ridley endlich aufwärts. Als »Zukal der Zerstörer« ist er der beste Käfigkämpfer der Arena, und bald wird er auch der beste Heiler der Akademie sein. Jemand wie er glaubt nicht an Mondmale. Keine Göttin kann ihm vorschreiben, wen er zu lieben hat. Sein einziges Problem ist dieser Idiot von der Tempelwache, der sein gesamtes Geld in den Kanal geworfen hat. Und nur, weil Ridley ein winziges Boot geklaut hat … während darauf eine Trauerzeremonie stattfand

Slar wird den feigen Dieb finden, der ihn vor seinem besten Freund lächerlich gemacht hat. Nicht nur, weil er heimlich in diesen besten Freund verliebt ist. Sondern auch, weil Gesindel wie Ridley Zukal nicht frei herumlaufen darf. Selbst wenn dieses Gesindel den Körper eines Kriegsgottes und ein überaus anziehendes Lächeln hat …

Wenn ich „Das Mondmal“ in einem Wort kommentieren müsste, würde dieses Wort, paron my french, „geil“ lauten. In jeder Hinsicht. Ich habe gelacht, geheult, geflucht, rote Ohren bekommen und Fingernägel gekaut. Ach ja, und eine Menge neuer Schimpfwörter gelernt. Regina Mars erzählt die Geschichte von Slar und Ridley temporeich, zum Brüllen komisch, abartig spannend und so intensiv, dass es mir schwerfiel, das Buch aus der Hand zu legen (wirklich doof, dass man irgendwann dann doch mal schlafen muss). Reginas Figuren sind nicht einfach nur Figuren in einer Geschichte. Sie leben, und als Leser*in war ich ganz dicht bei ihnen. Manchmal hätte ich sie am liebsten mit ihren Dickköppen gegeneinandergeschlagen, damit sie endlich merken, was los ist. Und Slars bester Freund ist der süßeste, hinreißendste, liebenswürdigste Sidekick, der mir seit langem über den Weg gelaufen ist.

Fazit: „Das Mondmal“ ist ein kurzweiliges, spannendes und mitreißendes Lesevergnügen, ein Buch, bei dm das Weglegen und Pause machen schwerfällt. Ein echter „Mars“ eben. Absolut zu empfehlen für alle, die Gay Romance mögen und nicht vor einer zweitweilig etwas derben Sprache zurückschrecken. Mir hat’s Spaß gemacht und ich hatte die ganze Zeit einen Song im Kopf: „Dirty Old Town“. Passt zur Halbmondstadt, die ich ganz sicher nicht nur einmal betreten habe, um Slar und Ridley auf ihren Abnteuern zu begleiten.

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