Was ist eigentlich Meinungsfreiheit?

„I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it.“ (Evelyn Beatrice Hall)

Wir alle wollen sie, wir alle verteidigen sie – Meinungs-und Redefreiheit. Sie ist verankert im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und damit Grundrecht für alle Bürgerinnen und Bürger. Nur, um noch einmal daran zu erinnern, hier der genaue Wortlaut:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(Quelle: Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland)

Dennoch bin ich der Meinung, und nach längerem Zögern habe ich mich entschlossen, mich zu trauen, hier darüber zu schreiben, dass Meinungsfreiheit mir eben nicht bedeutet, dass ich alles tun und machen und sagen darf, wie es mir gerade in den Sinn kommt und ganz gleich, in welcher Weise ich damit die Gefühle meiner Mitmenschen beleidige. Siehe Absatz 2 Artikel 5 des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung. Da steht etwas von Schranken, von Vorschriften allgemeiner Gesetze, von Jugendschutz und dem Recht auf persönliche Ehre.
Und da war noch etwas in diesem Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Daraus schließe ich, ich darf meine Meinung sagen, darf mich uneingeschränkt in Wort, Ton und Bild ausdrücken, solange ich damit nicht die Ehre eines anderen, ein Gesetz oder den Jugendschutz verletze. Oder die Würde eines anderen Menschen, denn die Würde des Menschen ist unantastbar.

Ich muss in diesem Zusammenhang immer an ein Buch denken, das ich immer wieder gern lese: „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende. Im laufe seiner Abenteuer erhält der Protagonist Bastian Balthasar Bux ein Amulett mit der Aufschrift „Tu was du willst“. Er interpretiert die Inschrift zunächst so, dass er alles tun und lassen kann, was ihm beliebt, und so erschafft und zerstört er wie ein Kind im Sandkasten und wird sich erst der Konsequenzen seines Handelns bewusst, als es schon beinahe zu spät ist. Erst im buchstäblich letzten Augenblick erkennt Bastian die wahre Bedeutung der Inschrift: „Tu deinen wahren Willen“. Mach, was du wirklich tief in deinem Inneren tun willst. Im Sinne von „Nutze die Macht, die dir gegeben wurde (oder auch „die Freiheit, alles zu tun, was du willst“) weise.

Das Grundrecht, das mir mein Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit von jeglicher Zensur und Verfolgung garantiert, gibt mir viel. Es gibt mir Freiheit. Aber mit dieser Freiheit sehe ich auch eine große Verantwortung in meinen und in den Händen aller Menschen, die mit dem, was sie tun, andere Menschen erreichen und vielleicht sogar beeinflussen. Schriftsteller, Musiker, bildende Künstler. Comiczeichner. Karikaturisten. Liedermacher mit ihren politisch-kritischen Texten. Ich habe in der letzten Zeit immer häufiger das Gefühl, dass vergessen wird, dass alles, was wir tun, Konsequenzen hat, so klein sie auch immer sein mögen.
Vielleicht ist es an der Zeit, wieder an die Verantwortung zu erinnern, die mit all den Freiheiten einhergeht, die wir haben.

„Quidquid agis, prudenter agas et respice finem“. Was du auch tust, tu es mit Überlegung und sieh auf das Ende. (Äsop zugeschrieben)

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