Tina liest: Nina George: Die Schönheit der Nacht

Oh wow. Was für ein Roman.
Er hat mich herausgefordert, er hat weh getan, ich weiß jetzt, warum ich ausgerechnet dieses Lesezeichen für ihn ausgesucht hatte, als ich anfing zu lesen. Das war im Mai. Normalerweise lese ich schneller. Diesen Roman konnte ich nicht schnell lesen. Dazu war er zu gefährlich, hat er mich zu sehr bewegt, mich zu sehr ertappt, mich so weit ins Meer geworfen, dass ich erst mal zurückschwimmen musste. Ich musste innehalten, denken, mich treiben lassen, durchatmen zwischendurch.

Manchmal kommen Bücher gerade dann, wenn ich sie brauche. Ich wusste nicht, wie sehr ich dieses Buch gebraucht habe in einer Zeit, in der ich das Gefühl habe, mich schon so gut wie gefunden zu haben, aber doch immer noch nicht so ganz. In der ich die Frage nach dem wer bin ich vielleicht ganz langsam so ein kleines Bisschen beantworten kann. Muss man dafür eigentlich immer erst die 40 überschreiten?

Ich habe mit Claire und Julie gelacht, geweint, gezittert, mich von ihren Geschichten berührt und verstanden gefühlt, denn ihre Geschichten sind die jeder Frau. Sie sind an einem Punkt, jede für sich, an dem sich ganz sicher jede Frau einmal wiederfindet. Ich habe mit ihnen Tango getanzt, zumindest in Gedanken, ich kann nicht tanzen. Glaube ich. Vielleicht habe ich noch nie mit dem richtigen Menschen getanzt. Aber ich habe mit ihnen die Musik gefühlt, ich kenne das, ich weiß, was Musik mit einer hungrigen Seele machen kann.

Was für ein Buch. Lest es, Frauen, Freundinnen, Schwestern, Weggefährtinnen, Seelenverwandte. Lest es. Obwohl es gefährlich werden kann.